Verein

Traum(a)Geburt e.V.

Gewalt in der Geburtshilfe, was ist das?

Von Gewalt in der Geburtshilfe und ihren möglichen Folgen sind Mutter, Kind, der andere Elternteil sowie anwesende Zeugen, Hilfs- und Fachpersonal und schlussendlich die Gesellschaft über Generationen betroffen!

Jede Frau ist anders und jede Geburt verläuft individuell. Genaue Zahlen zu Gewalt in der Geburtshilfe gibt es aktuell noch nicht. Es wird aber angenommen, dass (je nach Quelle* und Definition) 10-50% der werdenden Mütter Gewalt während der Geburt erleben. Hier muss man sehr klar benennen, dass es ausdrücklich nicht nur um die häufig angenommene subjektive Bewertung des Geschehens geht, sondern sehr eindeutig auch um objektiv als Gewalt einzuordnende Handlungen: Eine Körperverletzung im Rahmen von medizinischen Behandlungsfehlern - z.B. durch Verletzung der vorgeschriebenen Aufklärungspflicht. Eine strafrechtlich relevante Verhaltensweise kann bereits vorliegen, wenn der Schwangeren/Gebärenden Menschen- und Patientenrechte abgesprochen werden, bis hin zur bewussten Übergriffigkeit und mutwillig in Kauf genommener Körperverletzung.   

*z.B. WHO, Mother Hood e.V.,...


Die Seite "Gerechte Geburt - Initiative für eine gerechte Geburtshilfe in Deutschland" hat die Formen von Gewalt während der Geburt sehr übersichtlich zusammengefasst (Aufzählung für den schnellen Überblick übernommen):

Physische Gewalt:

  • Festhalten
  • Festschnallen der Beine
  • keine freie Wahl der Geburtsposition (z.B. in Rückenlage auf dem Gebärbett)
  • grobe Behandlung (z.B. Katheter unnötig schmerzhaft legen)
  • Medikamentengabe ohne oder mit unvollständiger Aufklärung (z.B. beim Off-Label-Use von Cytotec zur Geburtseinleitung)
  • medizinisch nicht indizierte Untersuchungen (z.B. wiederholt nach dem Muttermund zu tasten, wenn dies nicht gewollt/notwendig ist)
  • ohne Einverständnis und ohne medizinische Notwendigkeit einen Dammschnitt durchzuführen
  • ohne Einverständnis und ohne medizinische Notwendigkeit einen Kaiserschnitt zu machen
  • ohne Einverständnis und ohne medizinische Notwendigkeit sonstige medizinischen Interventionen (Medikamentengabe, Kristellern, Katheter legen) durchzuführen.
  • Schläge, Ohrfeigen, Kneifen
  • Zwang unter Wehen still zu liegen

    Psychische Gewalt:

    • Anschreien
    • Ausübung von verbaler Gewalt. Z.B. zu sagen: „Wenn sie jetzt nicht mitarbeiten, dann stirbt Ihr Baby!“ oder „Seien sie gefälligst still!“ oder "Guck dich mal an Mädchen, du bist fertig - du musst eine PDA nehmen."
    • Beschimpfen
    • Diskriminieren (Alter/Gewicht/Herkunft/u.a.)
    • Druck ausüben oder erpressen
    • Gebärende unter Geburt allein lassen (außer, wenn sie dies ausdrücklich will)
    • keine (echte) Wahlfreiheit bei medizinischen Interventionen lassen
    • Machtmissbrauch
    • Nötigung
    • Sexualisierte Gewalt in Form von Sprache, Witzen
    • Verbot zu essen/trinken,  sich zu bewegen
    • Willkür
    • Zwang

      Strukturelle Gewalt:

      • fehlende Raumkapazitäten oder Personalmangel: geburtshilfliche Kliniken weisen Frauen selbst unter Wehen und mit Voranmeldung ab
      • Hebammenunterversorgung
      • Schwangere bleiben  ohne Betreuung  zur Vorsorge, zur Geburtsbegleitung (Bezugs-/ Beleghebamme) oder zur Nachsorge
      • Mütter mit ganz jungen Säuglingen finden keine Nachsorgehebamme zur Stillberatung (vgl. *MotherBaby/ *MutterBaby: In der Einheit von Mutter und Kind sind immer beide Seiten mitbetroffen)
      • Qualität der Geburtshilfe sinkt: Gebärenden werden im Kreißsaal allein gelassen, da die Hebamme sich um bis zu fünf andere Schwangere kümmern muss, die Geburt wird dahingehenden ‚programmiert‘ (vgl. physische Gewalt) – z.B. schmerzstillende PDA gelegt, damit die Frau ‚ruhig‘ ist
      • interne Standards: Leitlinien werden z.T. außer Acht gelassen
        Kreißsaalschließungen, fehlende wohnortnahe Versorgung
      • Haftpflichtproblematik, Hebammen geben auf und stehen nicht mehr für Geburtsbegleitung zur Verfügung
      • Hierarchien im Kreißsaal, Angst vor Regressforderungen, systemisch bedingt wird Druck ausgeübt
      • Ökonomisierung, DRG-System, interventionsfreie Geburtshilfe lohnt sich nicht Größe muss angepasst werden

      (Mit freundlicher Genehmigung von Mascha Grieschat - Initiative Gerechte Geburt)

       

       

       
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